Zeche Louise Tiefbau
Südlich der Linie Emscher/Groß-Barop/Eichlinghofen treten die geneigten Kohlenflöze an vielen Stellen an die Erdoberfläche, nur verdeckt durch Mutterboden und Lösslehm (Abb. 1). Daher begann hier seit mindestens dem 15. Jahrhundert das Kohlengraben mit vielen Kuhlen und brunnenartigen Schächten, den Pütts. Schauplätze des Grabens waren die Bolmke, die Große Baroper Heide (Pulverstraße bis zum Rüpingsbach), die Kleine Baroper Heide (Rüpingsbach bis zum Dorf Eichlinghofen) und der Domänenwald des „Hombroich“. Auf all diesen Flächen standen noch keine Häuser (Abb. 2).
Da man in den Pütts die Kohlen nur bis zum Grundwasser abgraben konnte, musste man spätestens im 18. Jahrhundert an möglichst tiefen Stellen – so an der Emscher oder am Rüpingsbach – zum Vortreiben von Stollen meist quer durch die Gesteinsschichten zu den Flözen hin übergehen. Die Stollen sollten das Grubenwasser der oberhalb der Stollen liegenden Zechen abführen.
So setzten 1752 einige Bergbauberechtigte im Niveau des Rüpingsbachs im Bereich des Abzweigs des heutigen Lehnertwegs von der Ostenbergstraße den Stollen Louise an. Der anfangs nur rd. 1,6 m hohe Stollen erschloss eine Reihe flach geneigter Fettkohlenflöze, die man Dicke Witwe, Kapsnickel, Fettlappen, Buntspecht, Buntebank, Beckstädt, Zellerfeld, Nebenbank und 20-zölliges Flöz nannte oder denen man auch Nummern gab. Der Stollen verlief vom Mundloch nach Süden, unterquerte die Stockumer Straße, lief parallel zur Eierkampstraße, unterquerte die Harkortstraße zwischen Markt und heutiger Straßenbahnlinie, verlief östlich der Deutsch-Luxemburger Straße bis zur Alte Teichstraße nahe dem Freibad Froschloch. Da er mehrere, jeweils auf ein Flöz verliehene Zechen von Wasser befreite und belüftete, wurde er 1763 zum Erbstollen erhoben. Die Erbstöllner durften von den erschlossenen Zechen Abgaben fordern, aber auch selbst begrenzt Kohlen abbauen.
Die Be- und Entlüftung des Stollens wurde mit heute verfüllten Lichtlöchern (engen Schächten) und Überhauen (Verbindungen im geneigten Flözen bis zur Erdoberfläche) gelöst, die im Abstand von etwa 50 bis 100 Metern auf dem Stollen selbst und auf den von ihm rechtwinklig abzweigenden horizontalen Flözstrecken angelegt waren. Auf den rd. 30-40 m tiefen senkrechten Lichtlöchern mit dem Querschnitt von etwa 2 x 1 m standen Häspel (Handwinden) zum Heben der Kohlen. In Baugruben findet man heute immer wieder nicht abgebaute Flözteile in verwitterter Konsistenz, weil die Bergleute sie als Schutzpfeiler zur Tagesoberfläche hin stehen lassen mussten (Abb. 1).
Kapitalgeber der Baroper Zechen waren Frantzen (einer von ihnen war Richter), Dieckerhoff, Heimsath (Bauer), Rappard, Dr. Funcke (Hagen), Crone, Mentler (Bauer) und Bielefeld. Sie wollten vor allem vom Kohlenverkauf an die Saline Königsborn profitieren, zu der über Brünninghausen, Hörde und Aplerbeck eine von Pferdefuhrwerken viel befahrene Kohlenstraße führte. Die jährliche Fördermenge der Stollenzeche Louise & Erbstolln stieg bis 1830 auf rd. 3.000 t an. Der Abbau ging dann örtlich etwas unter das Erbstollenniveau und erreichte bis 1842 eine Jahresförderung von fast 10.000 t.
Bei Versuchen, den Flözen noch tiefer zu folgen, nahmen naturgemäß die Wasser- und Wetter(Luft)probleme stark zu. Nur Tiefbauschächte konnten weiterhelfen, auf denen Dampfmaschinen Grubenwasser und Kohlen heben konnten. 1843 erwarb Louise & Erbstolln die aus dem Jahr 1730 stammende Nachbarzeche Clausthal. Die Zeche nannte sich nun Louise Tiefbau, weil sie am südlichen Ende der heutigen Straße Luisenhoffnung mit dem Niederbringen des Tiefbauschachtes Clausthal begonnen hatte. Die nahen Straßen Luisenglück und Luisenschachtstraße erinnern an die Zeche. Der Schacht Clausthal nahm 1844 mit einer 26-PS-Dampfmaschine die Kohlenförderung aus 88 m Teufe (Tiefe) auf. Seit 1847 hob eine im selben Schacht arbeitende, dampfbetriebene Gestängepumpe (Pumpentrum Abb. 4) das Grubenwasser bis zum Erbstollen, in dem es dann in einer „Abgußstrecke“ in den Erbstolln und somit zum Rüpingsbach ablief (Abb. 5).
Ebenfalls 1847 wurde direkt östlich der im Bau befindlichen Bergisch-Märkischen Bahn (heute S-Bahn) mit dem Niederbringen des Tiefbauschachtes Schulte mit dem Querschnitt von 2,2×4,81 (=10,58 m²) begonnen, wo Mitte 1848 auch die Bahnverladung begann. Das letzte, nahe dem verfüllten Schacht Schulte schräg zur heutigen Straße Luisenglück noch bestehende Betriebsgebäude gehört heute zur Firma Riedel (Abb. 6).
Tagesanlagen Louise Tiefbau um 1905. Diagonale Förderbahn rechts und Coakeri (Kokerei) links unten. Heutiges Betriebsgebäude Riedel in Blau, die Pferdebahn von Henriette in Rot.
Die Kohlenwagen vom Schacht Clausthal gelangten auf einer „Diagonalen Förderbahn“ über Tage dorthin. Beide Schächte förderten 1850 mit 435 Mann bereits 43.729 t Fettkohlen. Da diese sich hervorragend verkoken ließen, wurden 1850 in der Privatkokerei Schulte mit offenen, die Umwelt schädigenden Meilern aus Stückkohlen bereits 5.323 t Koks erzeugt. Sie standen bei der heutigen Fruchtbörse Limberg westlich der Bahn (s. Abb. 7).
Nachdem Mitte 1848 die Zeche Louise Tiefbau Bahnanschluss erhalten hatte, schlossen sich die auf je ein Flöz verliehenen Längenfelder Louise, Zellerfeld und Clausthal zu einem Geviertfeld zusammen. Längenfeld: In der Regel von der Bergbehörde nur auf ein Flöz bis zum Muldentiefsten verliehenes, in der Länge begrenztes Grubenfeld. Geviertfeld: Nicht nur auf ein Flöz verliehenes Grubenfeld mit senkrechten Grenzen und unbeschränkter Teufe.
Die Grubenfelder lagen zwischen der heutigen Stockumer Straße und Harkortstraße. 1855 kam das Längenfeld der vom Rüpingsbach ausgegangenen Stollenzeche Buntebank südlich der heutigen Harkortstraße hinzu. 1859 war Louise mit der Förderung von 130.222 t und 552 Mann Belegschaft die größte Zeche im Ruhrrevier. Sie erweiterte sich noch durch die Geviertfelder Spielfeld III (1862), Hombruch I und II (1866) und wandelte 1873 die bisherige bergrechtliche Gewerkschaft Vereinigte Louise in die Dortmunder Steinkohlen-Bergbau AG Louise Tiefbau um.
Im selben Jahr kam die nördlich benachbarte Tiefbauzeche Vereinigte Wittwe & Barop zur Gesellschaft. Das schon früher bearbeitete Grubenfeld Wittwe war bereits 1738 dem Hagener Fabrikanten Dr. Funcke verliehen worden. Er begann 1768 dort – wo der heutige Krückenweg die Emscher quert – mit dem Vortrieb eines Stollens nach Süden, der am 21.7.1784 – wie auch der Erbstolln Louise – vom obersten westfälischen Bergherrn Freiherrn vom Stein inspiziert wurde. 1853 hatten sich die benachbarten Stollenzechen Wittwe und Barop zum gemeinsamen Tiefbau zusammengeschlossen. 1855 begann man an der heutigen Straße An der Witwe in Eisenbahnnähe mit dem Teufen des 297 m tiefen „Kunstschachtes“ Wittwe, der 1861 mit einer Dampffördermaschine in Förderung ging. 1874 erreichte die Zeche mit der Belegschaft von 704 Mann ihre höchste Jahresförderung von 107.500 t. Nach der aus wirtschaftlichen Gründen 1877 erfolgten Stilllegung schlug das Oberbergamt Dortmund die „Entfernung“ der freigesetzten auswärtigen Arbeiter vor, die Eisenbahn bot dazu Militärfahrkarten an. Nach der Wirtschaftskrise produzierte die angeschlossene Privatkokerei Wittwe von 1879 bis 1890 unter der Regie von Louise Tiefbau weiter.
Louise Tiefbau dagegen wurde ausgebaut. 1875 erhielt der Schacht Schulte einen gemauerten Malakoffturm, um die gestiegenen Seilkräfte des tiefer geteuften Schachtes besser abfangen zu können. Ein unter Tage aufgestellter offener Wetterofen erhöhte den Zug der verbrauchten Luft im Schacht, sodass im Schacht Clausthal die Frischluft verstärkt einziehen konnte. Später wurde der unsichere Wetterofen durch einen Übertageventilator ersetzt. Am 24.6.1881 kam es durch das verbotene Öffnen einer „Benzin-Sicherheitslampe“ zu einer Grubengas- und Kohlenstaubexplosion mit 17 Toten. Zwei Jahre später konnte die Zeche mit einer Belegschaft von 907 Mann und einer Leistung von etwas über einer Tonne je Mannschicht ihre höchste Jahresförderung von 286.175 t erzielen. Das Bergwerk warf zeitweise hohe Gewinne ab, dass 1887 die Zechen Bruchstraße in Langendreer und Wiendahlsbank einschließlich Johannes Erbstollen in Kruckel sowie später noch Hessenbank in der Bolmke erworben werden konnten. Am großen Bergarbeiterstreik von 1889 nahm die Belegschaft voll teil.
Die Privatkokerei Louise – nun auf dem Zechenplatz von Müller & Co. betrieben – wurde um 1875 von Louise übernommen und ausgebaut. 1890 erfolgte der Neubau von 64 umweltfreundlicheren Flammöfen der belgischen Firma Coppée. Das Koksgas diente zur Beheizung der Koksöfen und Dampfkessel an den Schächten. Die Kokerei stand nördlich von Schacht Schulte nahe der 1881 errichteten kommunalen Gasanstalt. Die älteren Koksöfen auf Louise westlich der Eisenbahn und 18 auf Wittwe verschwanden. Im Jahr 1900 erzeugte die Kokerei mit 60 Coppée-Flammöfen 45.000 t Koks.
Aber von nun an ging es wegen finanzieller Fehlgriffe bei den Zechenzukäufen, erreichter großer Teufe, Abbaus der besten Flöze und des zu kleinen Grubenfeldes bergab. Den endgültigen Ausschlag zur Stilllegung der veralteten Zeche gab am 27.8.1908 der Einsturz des nur mit Holz ausgebauten 495m tiefen Schachtes Clausthal. Beide Schächte wurden nun verfüllt und die meisten Tagesanlagen einschließlich der Kokerei abgebrochen. Die Gasanstalt wurde vom Westfälischen Verbands-Elektrizitätswerk übernommen. Die etwa noch 500 Mann starke Belegschaft fand vermutlich auf Nachbarzechen Arbeit, die – wie 1908 bereits Louise – 1910 in der Deutsch-Luxemburger Bergwerks- und Hütten AG aufgingen.
Der 482 m tiefe Schacht Schulte wurde 1909 wieder frei gemacht und dieses Mal in Anpassung an den früheren, rechteckigen Querschnitt in zwei Säulen ausgemauert, um noch bis 1925 der Kruckeler Zeche Wiendahlsbank als Wetterschacht zu dienen (Abb. 12). Der Malakoffturm wurde 1933 vom Arbeitsdienst abgerissen. Auf dem ehemaligen Zechengelände bestimmen heute Wohnhäuser und Gewerbebauten das Bild.